Gesamtarbeitsvertrag – Sozialpartnerschaft auch für NGO

In der Schweiz wirken zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (Non Governmental Organizations, NGO), vor allem in den Bereichen Bildung, Soziales, Migration und Umwelt. In diesen privatrechtlichen Organisationen herrschen sehr unterschiedliche Arbeitsbedingungen – sozialpartnerschaftlich ausgehandelte Verträge sind nach wie vor selten. Der Gesamtarbeitsvertrag hat aber gegenüber der Variante Einzelarbeitsvertrag plus Personalreglement klare Vorteile für die Angestellten.

In den bekannteren Gesamtarbeitsverträgen (GAV) – im Bau- und Druckgewerbe, im Verkauf- oder Dienstleistungssektor, in der öffentlichen Verwaltung oder im Gesundheitsbereich, im Gastronomie- und Personalverleihsektor – geht es vor allem um die Sicherung von Mindestlöhnen und gegen Lohnabbau, um Regelungen zu Schicht- und Nachtarbeit oder die Verbesserung des Kündigungsschutzes. GAV in NGO haben in erster Linie das Ziel, die meist guten Anstellungsbedingungen auf längere Zeit verbindlich festzuhalten oder Lücken zu schliessen. Vor allem aber werden mit einem GAV die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeitenden bzw. ihrer Personalkommissionen gestärkt.

Was spricht für einen GAV in einer NGO?

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Mögliche Inhalte für einen GAV

Einige Punkte wie Lohnmodelle, Arbeitszeitvorgaben und Kündigungsmodalitäten gehören zu den zwingenden Inhalten eines GAV. Einige Vorgaben können im GAV lediglich als Eckpunkte fixiert werden, die Ausführungs-Details werden dann in einem integrierenden Anhang geregelt. Speziell zu beachten sind folgende Punkte:

  1. Der GAV muss klar, einfach und verständlich formuliert sein. Arbeitgeber und Mitarbeitende sollten keine juristische Auslegung benötigen, um zu verstehen, was gemeint ist. Auf komplizierte Berechnungsformeln beispielsweise für Weiterbildungsfinanzierungen ist möglichst zu verzichten. Der GAV muss im Alltag gelebt werden können.
  2. Auf unklare Rechtsbegriffe soll möglichst verzichtet werden. Bei der Mitwirkung des Personals bzw. der Personalvertretung (PEKO, PA) muss präzisiert werden, in welchen Bereichen welche Mitsprache- oder Mitbestimmungsrechte gelten (Mitbestimmung / Konsultation / Information / Antragsrecht) – «Mitwirkung» oder «Mitbestimmung» als Oberbegriff reicht nicht.
  3. Die GAV-Artikel sollten aus einer Optik des Konflikts überprüft werden: sind sie unmissverständlich oder lassen sie Interpretationsspielraum zu und sind sie handhabbar? Dies gilt insbesondere für die Abläufe in den heiklen Bereichen des Konfliktmanagements und beim Kündigungsverfahren. Es empfiehlt sich daher, die Abläufe einmal virtuell zusammen durchspielen, um sicher zu sein, dass alle den Text des GAV und die definierten Zuständigkeiten und Abläufe gleich verstanden haben.
  4. Der einmal ausgehandelte und von allen Partnern akzeptierte GAV sollte vor seiner Verabschiedung resp. vor Inkrafttreten von einer/einem arbeitsrechtlich versierten Anwältin/Anwalt überprüft werden.
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